Parallelen zwischen humanitären und Menschenhandels-Lieferketten aufdecken, um Ausbeutung zu bekämpfen
Die Idee zu dieser Untersuchung entstand durch Berichte von Kollegen, die miterlebten, wie besonders Frauen und Kinder in Flüchtlingslagern verletzlich sind. Diese Erfahrungen zeigen, wie wichtig es ist, Menschenhandel zu durchschauen und gezielt zu verhindern – dabei hilft Wissen aus der humanitären Logistik.
Moderne Sklaverei: Ein weltweites Problem
Trotz vieler Bemühungen gibt es weiterhin Sklaverei. Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) schätzt, dass 2022 etwa 49,6 Millionen Menschen davon betroffen waren: 27,6 Millionen in Zwangsarbeit und 22 Millionen in Zwangsehen. Besonders Frauen und Kinder sind betroffen – jedes vierte Opfer ist ein Kind.
Moderne Sklaverei zeigt sich in vielen Formen, zum Beispiel im Menschenhandel. Die Vereinten Nationen definieren Menschenhandel als „Anwerbung, Transport, Unterbringung oder Aufnahme von Menschen durch Drohungen, Gewalt, Täuschung oder Missbrauch von Macht, um sie auszubeuten“. Zu den Zielen gehören Prostitution, Zwangsarbeit, Sklaverei oder Organhandel. Oft ist der Transport der Opfer nicht einmal notwendig.
Wie sich humanitäre und Menschenhandels-Lieferketten ähneln
Gemeinsam mit Professorin Kezban Yagci Sokat von der San Jose State University untersuchten wir, wie humanitäre Einsätze und die Bekämpfung von Menschenhandel voneinander lernen können.
Trotz ihrer gegensätzlichen Ziele ähneln sich beide Systeme in vielen Punkten. Nach Hurrikan Katrina senkte die US-Regierung zum Beispiel die Anforderungen an Identitätsprüfungen, um Baukosten zu sparen. Diese Lockerungen führten dazu, dass über 3.700 Menschen Opfer von Menschenhändlern wurden. Katastrophen schaffen oft Bedingungen, die Täter ausnutzen – besonders, was Frauen und Kinder angeht.
Beide Systeme arbeiten unter unsicheren Bedingungen, zum Beispiel bei unvorhersehbaren Ereignissen. Sie stehen vor schwierigen Entscheidungen: Soll man die Täter*innen im Menschenhandel hart bestrafen, um andere abzuschrecken, oder schneller handeln, um Opfer zu retten? Ähnlich müssen humanitäre Einsätze entscheiden, ob sie auf Vorsorge setzen oder lieber direkt helfen. Auch die Rollen der Beteiligten können sich ändern: Opfer werden zu Täter*innen, Helfer*innen werden angegriffen, oder Opfer kehren zu ihren Peiniger*innen zurück.
Was humanitäre Einsätze über Menschenhandel lehren
Das Risiko für Menschenhandel steigt, wenn bestimmte Katastrophen auftreten. Unsere Studie zeigt, dass anhaltende Krisen das Risiko erhöhen – besonders für Flüchtlinge. Um solche Opfer besser zu schützen, müssen humanitäre Organisationen und Regierungen ihre Strategien anpassen.
Prof. Dr. Maria Besiou
Prof. Dr. Maria Besiou ist Professorin für Humanitäre Logistik und Akademische Direktorin des Center for Humanitarian Logistics and Regional Development (CHORD) an der Kühne Logistics University. Besiou hat sich auf den Bereich des nachhaltigen Supply Chain Management spezialisiert. Ihre Hauptforschungsinteressen liegen in den Bereichen humanitäre Logistik, geschlossene Lieferketten und Stakeholder-Medien.
Als Wissenschaftlerin ist sie derzeit am Research Institute on Leadership and Operations in Humanitarian Aid (RILOHA) beteiligt, das die Effektivität der humanitären Hilfe durch psychologische Erkenntnisse verbessern will. Außerdem ist sie akademische Leiterin des Center of Humanitarian Logistics and Regional Development (CHORD), das das Beste aus zwei Welten zusammenbringen will, indem es erstklassige akademische Forschung und Ausbildung mit operativem Training und exzellenter Beratung kombiniert.
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